100 Jahre Herrmann Sepp: Erinnerungen an den „Mister Handball“ des TV Seelbach

1. August 2021 | Von | Kategorie: Allgemein, Handball

Die Medien wie die „Badische Zeitung“ oder die „Deutsche Handballwoche“ haben ihn einst beschrieben als „Mister Handball von Seelbach“. Gemeint ist Josef Herrmann (d‘ Herrmann Sepp), der am 1. August 2021 100 Jahre alt geworden wäre.

Ein Mann mit Ecken und Kanten, aber immer das Wohl des Seelbacher Handballs fest im Blick. Seine Verdienste in seiner fast 40-jährigen Funktionärstätigkeit für die Handballer wurden schon vielfach erwähnt und gewürdigt.

Über sechs Jahrzehnte in Diensten seines Turnvereins – zunächst als aktiver Handballer, später als im gesamten Verbandsgebiet geschätzter Funktionär: Unser Bild zeigt den Herrmann Sepp mit der C-Jugend-Meistermannschaft 1985/1986 – unter seiner Führung erlebte die Handball-Jugendarbeit beim TV einen gewaltigen Aufschwung.

Erinnern wollen wir daher an kleinere und größere Anekdoten und Geschichten von und mit dem Herrmann Sepp.

Zettelwirtschaft

Der Vorstand lud früher regelmäßig zu den Turnratsitzungen ein. Im Turnrat wurden Probleme des Vereins besprochen und Entscheidungen gefällt. Neben dem Vorstand waren dort die verschiedenen Abteilungen des TV vertreten, so auch der Herrmann Sepp.

Nachdem alle Tagesordnungspunkte abgearbeitet waren, stand „nur“ noch der Punkt „Verschiedenes“ an.

Die „Straßenwart-Cegospieler“ unter den Turnratsmitgliedern saßen schon in den Startlöchern und warfen bange Blicke auf den Herrmann Sepp. Hat er wieder welche dabei und wenn ja, wie viele?

Gemeint waren die legendären Zettel vom Herrmann Sepp. Denn unter dem Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ zog dieser regelmäßig seine beschriebenen Zettel hervor, auf denen er Fragen oder Anregungen notiert hatte.

Die Behandlung der vom Herrmann Sepp vorgebrachten Punkte, wenn gleich zumeist fundiert vorgetragen, verzögerte natürlich das Ende der Sitzungen und damit den Beginn des „Cegospiels“.

Fernsehstar

Das DSF (Deutsches Sportfernsehen, heute SPORT1) lud regelmäßig bekannte und erfolgreiche Sportler zum Interview ein. Teil der Sendung war dabei auch ein Überraschungsgast.

Interviewt wurde auch der aus den Reihen der Handballer des TV Seelbach hervorgegangene Arno Ehret. Beim damaligen Bundesligisten TuS Hofweier ist Arno dann zum Nationalspieler und „weltbesten“ Linksaußen“ gereift und wurde unter Trainer Vlado Stenzel 1978 Handballweltmeister.

Ein Ur-Seelbacher also und so bat das DSF die Gemeinde Seelbach, einen Überraschungsgast für Arno zu benennen. Und was lag näher, als den Herrmann Sepp, den „Mister Handball von Seelbach“, zu schicken?

Im April 1993 war es dann soweit. Als Fahrer stellte sich der „Arno Ehret-Fan“ und Seelbacher „Volksbank-Chef“ Hans Eisele zur Verfügung und ab ging’s nach München.

Die Sendung lief, der Moderator interviewte Arno Ehret und dann war die Zeit für den Überraschungsgast gekommen. Die Tür zum Studio ging auf und der Herrmann Sepp hatte seinen Auftritt.

Arno war perplex: „Sepp, was machst denn Du da?“. Die Überraschung war gelungen.

Neubau einer Sporthalle

Hier lohnt es sich, einen etwas ausführlicheren Blick in die Geschichte zu werfen, denn auch diesen Teil der Geschichte prägte der Herrmann Sepp maßgebend mit, soviel sei schon vorweg gesagt.

Es war Mitte der 1970er Jahre, das Handballspiel im Freien auf dem Großfeld war auch in Deutschland nun endgültig vorbei, das Spiel in der Halle hat das alleinige Zepter übernommen.

Die Landesliga-Feldhandballmannschaft 1948 mit Sepp Herrmann in der mittleren Reihe ganz links.

Eine erfolgreiche Ära ging damit zu Ende, denn deutsche Handball-Nationalmannschaften nahmen an sechs der sieben bis 1966 ausgetragenen Feldhandball-Weltmeisterschaften teil und konnten dabei stets den Titel gewinnen.

Nun hieß es alle Konzentration nur noch auf das Spiel in der Halle zu legen. Allerdings gab es ein großes Problem, denn weder für den Trainings- noch für den Spielbetrieb gab es damals handballgerechte Sporthallen.

So nutzten die Seelbacher Handballer die 1955 erbaute Gemeindehalle – im Volksmund auch „Hasenstall“ genannt – im Winter als Trainingsstätte. Mit dem Bau der Schulsporthalle Ende der 1960er Jahre konnte dort zwar trainiert werden, aber die Durchführung von Punktspielen war aufgrund der zu geringen Größe der Halle nicht möglich. Die Spiele um Punkte fanden bis Anfang der 1970er Jahre zumeist in Hallen mit asphaltierten oder gefliesten Böden statt, genannt seien hier die „Viehhalle“ oder die Oberrheinhalle – beide auf dem Messegelände in Offenburg. Erst nach der Fertigstellung der Rheintalhalle in Lahr ergab sich dann die Möglichkeit für die TV-Handballer, ihre „Heimspiele“ dort auszutragen.

In der 1. Hälfe der 1970er Jahre taten sich dann neue Perspektiven auf. Ein von der Gemeinde beauftragtes Planungsbüro sah für Seelbach Bedarf für ein Bürgerhaus, für ein Hallenbad und für die immer größere Zahl von Schülern des Kooperativen Bildungszentrums eine zusätzliche Sporthalle in der Größe der bereits bestehenden Schulsporthalle.

Der Gemeinderat tendierte aber zu einer Mehrzweckhalle mit der Möglichkeit der Sportausübung. In einer Bürgerversammlung 1975 wurden die Standortfrage und Größe der künftigen Mehrzweckhalle erörtert. Zur Diskussion stand ein Platz in der Ortsmitte (Standort „Hasenstall“) und in der Nähe des Anwesens Winkelmann (heute Seniorenhaus St. Hildegard).

Der Standort beim Anwesen Winkelmann schied jedoch nach Ansicht der Gemeindeverwaltung aus, da die Entfernung von der Schule dorthin zu groß sei (680m) und damit keine Bezuschussung für die Nutzung als Schulturnhalle möglich wäre (Zuschüsse gab es nur bis zu einer Entfernung von 500m).

 Und nun kam wieder unser Herrmann Sepp ins Spiel. Er besorgte sich ein ausgedientes „Posträdchen“,  mit dem früher die zurückgelegten Wege der Briefträger gemessen wurden und maß die Strecke ab. Dabei folgte er nicht wie die Gemeindeverwaltung dem Straßenverlauf, sondern nahm den kürzesten Weg, der an der früheren Metzgerei Himmelsbach vorbei durch den heutigen Minigolfplatz führte und siehe da: die Entfernung betrug nur 450 m. Der Bau einer Halle am Standort Nähe Winkelmann war also doch möglich.

Damit war aber der Bau einer Mehrzweckhalle in der Ortsmitte nicht vom Tisch und der Wunsch des TV, eine Halle in einer Größe zu bauen, die auch das Handballspielen ermöglichte, immer noch in weiter Ferne.

Die Handballabteilung, allen voran der Herrmann Sepp und der damalige Abteilungsleiter Siegfried Baumann, waren aber nicht untätig und fanden dabei Unterstützung beim Südbadischen Handballverband und es wurden Zuschüsse für den Bau einer handballgerechten Halle in Aussicht gestellt. Dies überzeugte letztlich den Gemeinderat und so wurden der Bau eines Bürgerhauses in der Ortsmitte und der Bau einer Sporthalle in der Nähe des Anwesens Winkelmann beschlossen. Im Jahr 1978 erfolgte dann die feierliche Einweihung der neuen Sporthalle – ein Meilenstein nicht nur für die Handballer, sondern für den gesamten Sport in Seelbach.

Zwei TV-Unikate: Herrmann Sepp und „Schakobbe Sepp“ im Austausch beim Bau des TiV

Es ist dabei nicht übertrieben zu sagen: Ohne den Herrmann Sepp im Verbund mit Siegfried Baumann wäre die Sporthalle damals nicht gebaut worden mit erheblichen Auswirkungen für Vereinssport. Nicht nur der Handball, auch Volleyball, Fußball, Badminton und viele mehr nutzen seither die Sporthalle und insbesondere für die Vereinsjugend hat die Sporthalle eine große Bedeutung.

Unter diesem Aspekt des unermüdlichen und erfolgreichen Einsatzes vom Herrmann Sepp für den Bau der neuen Sporthalle hat die Handballabteilung nach dem Tode von Sepp im Jahre 2003 bei der Gemeinde den Antrag auf Namensgebung der Sporthalle in „Sepp-Herrmann-Halle“ gestellt.

Wenn ihm auch posthum diese Würdigung für seinen Kampf für den Bau einer neuen Sporthalle letztlich versagt blieb, seine Verdienste für den Sport in Seelbach im Allgemeinen und für den Handball im Besonderen bleiben unvergessen.

Die vorstehenden Ausführungen entstammen meinen Aufzeichnungen und meinen Erinnerungen. Sollte sich die eine oder andere kleinere Ungenauigkeit eingeschlichen haben, bitte ich mir dies nachzusehen.

Gerhard Hugle

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